HSV Halten – FC Fulgor Grenchen: 3-4

Ein weiterer Spielbericht. Diese Veranstaltungen nehmen langsam tragische Züge an. Aber lest selbst.

Nach dem Erst- und Zweitplatzierten sah sich der HSV innert Monatsfrist dem drittstärksten Team der Liga gegenüber: Fulgor Grenchen. Diese Partie bildete zugleich den Abschluss der drei Spiele umfassenden Heimgala.

Verhaltener Beginn von beiden Mannschaften, zaghaftes Abtasten. Nach einigen Minuten wurde klar, dass der HSV mit den Gedanken noch in der Kabine war (oder sonstwo), die Spieler wirkten unkonzentriert, scheuten die Zweikämpfe, standen zu weit von den Gegenspielern entfernt. Fulgor, überrascht ob so viel Gastfreundschaft, versuchte den freien Raum zu nutzen, kombinierte gefällig und näherte sich immer häufiger der Abwehrzone der Haltener. Es dauerte denn auch nicht lange, bis ein Grenchner Angreifer im Strafraum zu Fall kam; der Schiedsrichter entschied sofort auf Elfmeter. Der Schütze legte sich den Ball zurecht, trat an, scheiterte jedoch am hervorragend haltenden HSV-Keeper. Wieder ein klassischer Schuss vor den Bug, doch zum wiederholten Male vermochte diese Erschütterung die Heimmannschaft nicht wachzurütteln. Den ersten vielversprechenden Angriff des HSV beantworteten die Gäste mit einem schnell vorgetragenen Konter, den sie zum nicht unverdienten 0:1 abschlossen.

Die Gastgeber agierten weiterhin passiv und behäbig, man scheute die Zweikämpfe oder verlor sie, wenn man sich denn mal darauf einliess. Fulgor kam ohne grösseren Aufwand zu weiteren Chancen. Die logische Folge der latenten Überlegenheit der Grenchner war ein weiteres Foulspiel im Strafraum, das vom Unparteiischen wiederum geahndet wurde. Keeper Yves antizipierte die richtige Ecke, doch der Schuss war zu scharf und zu platziert, um ihn abwehren zu können. Die Haltener jetzt sichtlich konsterniert, was der Gegner geschickt auszunutzen verstand. Die HSV-Hintermannschaft taumelte, der Gegentreffer steckte ihnen noch in den Knochen, da zündete Fulgor bereits das nächste Angriffsfeuerwerk, das sie mit dem sehenswerten dritten Treffer krönten. Es drohte ein Debakel. Der Gegner schaltete nun glücklicherweise einen Gang zurück, was es den Einheimischen erlaubte, ein wenig durchzuatmen und die arg zerzauste Mannschaftstruktur wieder auf Vordermann zu bringen.

Beim Stand von 0:3 schlurften die Einheimischen gesenkten Hauptes zum Pausentee. Der Trainer fand denn auch deutliche Worte. Mit zahlreichen Auswechslungen versuchte er dem reglosen Mannschaftkörper neues Leben einzuhauchen. Die veränderte Aufstellung zeigte sofort Wirkung. Die Abwehr stand stabiler, das Zweikampfverhalten verbesserte sich zusehens und die Totgeglaubten schickten sich an, eine Aufholjagd zu starten, wie man sie in den Niederungen dieses Sports nur selten beobachten kann. Die Ereignisse überschlugen sich. Nach einem Schubser im Fulgor-Strafraum zeigte der entscheidungsfreudige Schiedsrichter zum wiederholten Male auf den Elfmeterpunkt. Der überragende Captain Friedli, Denker und Lenker im Mittelfeld, verwertete den fälligen Strafstoss sicher. Danach lancierte der wiedererstarkte HSV einen Angriff über die rechte Flanke, Rhyner kam aus spitzem Winkel zum Kopfball, doch der gegnerische Torwart behändigte den Ball. Dachten alle. Aber zur Überraschung der Anwesenden liess der Keeper den Ball ins Tor gleiten. Der HSV spielte wie von Sinnen, elektrisiert, und drängte nun vehement auf den Ausgleich. Zehn Minuten verstrichen, dann wurde der Ball von rechts auf Friedli zurückgelegt, der ihn wunderschön in die lange Ecke hämmerte. Tumultartige Szenen auf den Rängen, man rieb sich die Augen (wie so oft bei dieser Mannschaft).

Danach verstärkte Fulgor die Defensive, offenkundig verunsichtert angesichts des turbulenten Spielverlaufs. Die Partie büsste an Fahrt und Tempo ein, der HSV versuchte zwar den Schwung auszunutzen, doch war man insgeheim mit dem Unentschieden zufrieden, sah man doch zur Pause noch wie der sichere Verlierer aus. Der HSV bemühte sich sachte um den Führungstreffer, doch der letzte Wille fehlte und die Fulgor-Abwehr stand nun besser. So zerrannen die Minuten und eine Punkteteilung gegen einen weitaus besser platzierten Gegner rückte in greifbare Nähe.

Eine Viertelstunde vor Schluss erhoben sich die Gäste aus der vorübergehenden Apathie und bauten nochmals Druck auf. Ein letztes Aufbäumen. Man sagt, Geschichte sei die unendliche Wiederholung des immer gleichen. Wer diese Matchberichte regelmässig liest, weiss, was jetzt kommt. Keine drei Minuten vor Schluss, ein Angriff von Fulgor wurde von den Haltenern mit Händen und Füssen abgewehrt, doch nicht weit genug, der Ball kullert zurück zu einem bereitstehenden Angreifer, der fackelt nicht lange und drischt auf die Kugel. Sekundenbruchteile später zappelt diese im Netz, wie ein Fisch in schierer Todesangst im Netz des Anglers zuckt. Und wieder standen die tüchtigen Haltener mit leeren Händen und ungläubigen Blicken da, als der Schiedsrichter die Partie abpfiff.

Der grosse Tolstoj hat mal geschrieben: Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich. Für Fussballspiel gilt dasselbe. Gesichter der Niederlage in vielerlei Ausprägung haben wir diese Saison schon gesehen (und viele werden wir noch sehen), doch man darf die Hoffnung auch in finsterer Nacht nicht aufgeben. Manchmal genügt ein scheuer Blick nach vorne, zum nächsten Gegner, um grösseren Elendes gewahr zu werden: FC Atees, 7 Spiele, 0 Punkte. Es werden wieder bessere Zeiten anbrechen. Bestimmt.

Tore: 0:1, 0:2, 0:3, 1:3 (Friedli), 2:3 (Rhyner), 3:3 (Friedli), 3:4