2666

Nach zweimonatiger Lesereise vorwiegend in Zügen und Bussen habe ich Roberto Bolanos 2666 zu Ende gelesen. Ein grosses Buch, wenn auch seltsam, beklemmend, dunkel, verstörend, aber von einer ausserordentlichen sprachlichen Meisterschaft. Der Roman besteht aus fünf Teilen, die allesamt einen Bezug zur fiktiven mexikanischen Stadt Santa Teresa haben, hinter der sich das reale Ciudad Juárez verbirgt, wo in den 90ern junge Frauen zu hunderten unter ungeklärten Umständen ermordet wurden. Der erste Teil handelt von vier Literaten, die auf der Suche nach dem verschollenen deutschen Schriftsteller Benno von Archimboldi nach Santa Teresa gelangen. Der zweite Teil erzählt die Geschichte des chilenischen Literatur-Professors Amalfitano, der in Santa Teresa lehrt und lebt. Der dritte Teil kreist um den schwarzen US-Journalisten Fate, der über einen Boxkampf in Santa Teresa berichten soll, sich aber zunehmend für die Frauenmorde zu interessieren beginnt, bevor er in die USA zurückgerufen wird. Der vierte Teil ist den Frauenmorden gewidmet und der letzte Teil dem Leben Archimboldis.
Bolano schreibt Sätze wie diesen:

Manchmal stürzte er sich zusammen mit seinen Kameraden in die Eroberung einer feindlichen Stellung, ohne die geringste Vorsichtsmassnahme, was ihm den Ruf der Kühnheit und Tapferkeit eintrug, obwohl er bloss eine Kugel suchte, die seinem Herzen Frieden brachte. (S.850)

Das sind natürlich Sätze, die nicht viele zu schreiben im stande sind. Und obwohl sich mir die Botschaft des Romans nicht vollständig erschliesst, ist die Sprache doch wunderbar. Man versinkt darin und wird von ihr verschlungen.
Ich bin ohnehin ein grosser Fan südamerikanischer Autoren, insbesondere liebe ich die üppige Sprache Gabriel Garcia Marquez, und Bolano zeigt mir nun, dass ich noch viel mehr Bücher süd- oder mittelamerikanischer Schriftsteller lesen muss. Generell mehr lesen. Kann nicht schaden.