Der literarische Held meiner Jugend ist heute gestorben. Keiner schrieb poetischer und wortgewaltiger als er. Das erste Buch, das ich von ihm las, vor einem halben Leben, war Hundert Jahre Einsamkeit. In der Zwischenzeit habe ich viele Romane vieler Autoren gelesen, doch gewiss keinen besseren. Hundert Jahre Einsamkeit bleibt unerreicht.
Alles verschlungen von diesem Mann, nichts habe ich ausgelassen.
Wieder mal diesen Roman zur Hand nehmen, der alles veränderte. Um des Grössten zu gedenken.
Letztes Wochenende durch Zufall über eine Lemmy-Doku gestolpert, sehenswert Hilfsausdruck. Lemmy ist Gründer, einzig ständiges Mitglied und Chef der Band Motörhead, die seit beinahe 40 Jahren den rohen Rock’n’Roll zelebriert. Motörhead hat den Heavy Metal erfunden und sich niemals anderen musikalischen Bewegungen und Einflüssen unterworfen. So hat es Lemmy auch mit seinem Leben gehalten: immer seinen Weg gegangen, was die Leute über ihn denken, ist ihm egal. Er hat nie was gemacht, was er nicht gut fand oder wobei er sich nicht wohl fühlte. Er hat sich nie angebiedert. Er hat nie versucht, es allen recht zu machen. Immer gegen den Strom geschwommen. So möchten viele sein, aber keiner kann Lemmy das Wasser reichen. Bei weitem nicht. Er hat alles mitgenommen an Drogen und Alkohol, was er kriegen konnte (ausser Heroin), aber er preist diesen Lebensstil nicht an, der so viele seiner Freunde umgebracht hat. Ozzy Osbourne äussert sich zu diesem Thema folgendermassen:
Wir haben alle reichlich zugeschlagen, aber er [Lemmy] ist aus Eisen.
Am Ende der Doku sitzt Lemmy in einer Garderobe vor einem Konzert in Moskau.
Interviewer: Any regrets?
Lemmy: None. Life’s too short.
Dann geht er raus und spielt. Vor dem letzten Song sagt er:
Interessantes Interview mit dem sympathischen Medien-Mogul Tim O’Reilly in Wired (21.01). Irgendwann sagt er:
You know, there were a number of times when I passed up venture capital because I preferred to build something for the long term. I certainly have felt bad for some of my employees – they see people who joined some odd startup and became wealthy. We haven’t been able to monetize at the same level, but I feel really good about what I’ve accomplished and the choices I’ve made. […] There are way too many people in Silicon Valley who have a lottery mentality, and way too many people who won the lottery who shouldn’t have. I hope that they take their good fortune and use it for good.
Zitat am Ende des Gesprächs:
The people who really are doing things they believe in will keep doing them, and the people who are just gold diggers will go away.
Aus der Kategorie Helden/Unbeugsame: Lew Mischtschenko.
Physiker, während des 2. Weltkriegs in Kriegsgefangenschaft geraten. Buchenwald überlebt, nach der Befreiung des Hochverrats schuldig gesprochen (weil er im Internierungslager als Übersetzer tätig war und der Kollaboration mit dem Feind verdächtigt wurde). 8 Jahre Gulag. Das bedeutet:
Beissender Frost setzt ein. Gestern waren es minus 47 und vorgestern minus 49 Grad. Heute hat es ein bisschen auf minus 36 Grad ‹getaut›, aber die Temperatur fällt schon wieder.
Auch dies überlebt. Der Briefwechsel mit seiner grossen Liebe Swetlana hat ihm Trost und Zuversicht gespendet, gerade genug, um nicht aufzugeben. Ihr Briefwechsel wurde vor kurzem als Buch veröffentlicht: Schick einen Gruss, zuweilen durch die Sterne.
Diese Gruppe von Mathematikern, Physikern und Informatikern hat in den 1980ern eine Programmiersprache von unvergleichlicher Eleganz geschaffen: Haskell. Du wirst sagen: kann sein, aber niemand benutzt Haskell. Da hast du nicht ganz unrecht, aber abwarten. Radikalität und Schönheit werden sich ihren Weg bahnen in die Köpfe der Menschen. Zumindest ist dies meine Hoffnung. Das Multi-Core Zeitalter wird helfen.
Es ist doch so: C ist für Hacker. Haskell ist für Künstler. Und ohne Kunst ist das Leben eine traurige Veranstaltung.
Ich weiss nicht mehr, wo ich es gelesen habe. Stauffenberg-Film? Muss sein, denn es ist eine Inschrift an der Gedankstätte Deutscher Widerstand (wo Stauffenberg und seine Leute erschossen wurden):
Ihr trugt die Schande nicht
Ihr wehrtet Euch
Ihr gabt das große
Ewig wache
Zeichen der Umkehr
Opfernd Euer heißes Leben
Für Freiheit
Recht und Ehre
Seit ich regelmässig in Frankreich bin, habe ich begonnen, mich für Rugby zu interessieren (eine grosse Sache im Süden). Noch immer kenne ich nicht alle Regeln, aber darum gehts gar nicht. Rugby auf hohem Niveau ist schlichtweg ein wunderschöner eleganter Sport.
Momentan findet die Rugby-WM in Neuseeland statt und ich versuche so viele Spiele mitzunehmen wie ich kann. Heute nun das Vorrunden-Highlight: Neuseeland – Frankreich.
Es gibt im Rugby momentan fünf starke Mannschaften: Neuseeland, Australien, Südafrika, England, Frankreich. Alle anderen sind mehr oder weniger chancenlos. Nun also bereits in der Vorrunde Kampf der Giganten, wobei Frankreich eine B-Mannschaft in die Schlacht schickte. Der Grund ist mir nach wie vor nicht ganz klar, zunächst hiess es, um Australien (die völlig überraschend gegen Irland verloren haben) in den Viertelfinals aus dem Weg zu gehen, aber wenn ich mir die Viertelfinal-Paarungen anschaue, dann spielt die Frankreich-Gruppe nicht gegen die Australien-Gruppe. Wie auch immer, die alten Taktiker der Grande Nation haben ihre besten Leute geschont und eine Niederlage billigend in Kauf genommen. Ganz anders die Neuseeländer (All Blacks genannt). Deren Mentalität verbietet solcherlei taktische Manöver, denn sie wissen: wer Weltmeister werden will, muss alle putzen. Und das wollen sie. Und das können sie auch. Starke Truppe, sie sind der grosse Favorit und werden schwer zu bezwingen sein. Allerdings waren sie in den vergangenen zwei Dekaden häufiger mal der aussichtsreichste Titelanwärter und nie hat es geklappt (letzter Triumph: 1987), denn sie pflegen in den entscheidenden Spielen zu versagen. Bei der Heim-WM dürfte der Druck nicht unbedingt kleiner sein. Alles andere als ein Sieg wäre eine herbe Enttäuschung. Aber zweifellos haben sie die spielerische Klasse, um zu siegen.
Vor jedem Spiel zelebrieren die All Blacks einen Kriegstanz, den Haka, um ihrem Gegnern Kraft und Stärke zu demonstrieren und sie ein wenig einzuschüchtern. Ich habe den Tanz heute erstmals live gesehen. Ist schon beeindruckend. So sieht das aus:
Das war die martialische Variante mit Kehle durchschneiden zum Schluss. Dies wahrscheinlich deshalb, weil die Franzosen sich erdreisteten, die letzten beiden WM-Spiele gegen sie zu gewinnen.
Der Haka hat seine Wirkung nicht verfehlt, die All Blacks siegten ungefährdet und überlegen mit 37 – 17.
Bernhard Luginbühl, der Eisenmann, der Schrottkünstler, ist am Samstag friedlich entschlafen. Aus Abfall schuf er gutmütige Monster und Riesen, viele Jahre zusammen mit Jean Tinguely. Seinen Skulpturenpark in Mötschwil wollte ich schon seit geraumer Zeit besuchen. Vielleicht in diesem Sommer. Endlich.
Luginbühl pflegte zu sagen: Gross muss alles sein.
Gross muss alles sein.