Grösster Triumph in der Geschichte des Brettspiels

Es liegt bereits einige Wochen zurück, aber der Siegesrausch ist noch immer nicht verflogen.
Wir haben World of Warcraft (WoW) gespielt. WoW ist ein sogenanntes Massively Multiplayer Online Game, ein Computerspiel eigentlich, aber es gibt auch eine Brettspielvariante davon. Von diesem Brettspiel soll hier die Rede sein, denn: wir sind analoge Menschen. Online-Spiele interessieren uns nicht.
Es versammelten sich Thom, Matthias, Roger und ich. Matthias und Roger bekämpfen sich häufiger in WoW, meistens geht Matthias aus solchen Duellen als Sieger hervor. Die beiden verfügen über ausgezeichnete Spielkenntnisse und sind ausgewiesene Taktikexperten. Thom und ich dagegen sind weitestgehend unwissend, nur rudimentär mit den Regeln vertraut, ein Mal haben wir gespielt vor mehr als einem Jahr. Das ist alles. Wenigstens schien Thom die wichtigsten Grundregeln nicht vergessen zu haben. Er machte unverhofft den Vorschlag, mit mir zusammenzuspielen, denn man spielt in Teams. Für gewöhnlich betreut ein erfahrener Spieler einen Anfänger, um die Unwissenden nicht gnadenlos untergehen zu lassen, ein Mentorsystem sozusagen. Thom jedoch hatte andere Pläne. Sein Bruder Matthias lenkte jedoch bereitwillig ein, den sicheren Sieg vor Augen.
Ziel des Spiels ist es, einen vorher bestimmten Endgegner in einer finalen Schlacht zu besiegen. Jeder Spieler entwickelt eine Spielfigur und stattet sie mit immer neuen Fähigkeiten aus. Die Spielcharaktere durchlaufen mehrere Entwicklungsstufen (Levels) und erlangen immer ausgeklügeltere Fertigkeiten und Waffen.
Nun, das gesamte Spiel über waren wir in Rücklage, aber nicht völlig chancenlos. Geduldig wurden uns die Regeln immer wieder erläutert, wofür wir dankbar waren. Als wir eher zufällig auf Level 4 aufstiegen und der Endgegner in unmittelbarer Nähe rumspazierte, fassten wir den Entschluss, den Endkampf zu bestreiten. Unsere Gegner wurden von dieser Absicht kalt erwischt, gerieten in Zugzwang und griffen uns überstürzt an. Wie sich herausstellen sollte, war dies der entscheidende Fehler: hätten sie den Endgegner direkt attackiert, sie hätten ihn besiegt und das Spiel gewonnen. Gegen uns aber unterlagen sie in einem zermürbenden Gefecht. So standen wir da und rieben uns die Augen und konnten kaum glauben, unverhofft gegen einen schier übermächtigen Gegner obsiegt zu haben. So muss sich David gefühlt haben, damals, im Valley of Elah.
Das nächste Mal werden wir wieder verlieren, haushoch wahrscheinlich, aber diesen Sieg werden wir lange vor uns hertragen, er wird ins grosse Buch der Brettspielgeschichte eingehen und mit Sicherheit werden wir unseren Enkelkindern noch davon erzählen.