Der Baader-Meinhof-Komplex

Ich habe diese Woche wieder mal ein dickes Buch gelesen: Der Baader-Meinhof-Komplex von Stefan Augs. Ein monumentales Werk über die Geschichte der RAF: vom Protest zum Widerstand bis hin zum Untergrundkampf. Ein erschütterndes Zeitdokument über Empörung, Wut, Ohnmacht, Kampf, Unmoral; über junge Menschen, die sich in ihrem eigenen ideologischen Labyrinth verrannt haben und “dem System” solche dumpfen Phrasen entgegenschleuderten:

Entweder Schwein oder Mensch
Entweder überleben um jeden Preis
oder Kampf bis zum Tod
Entweder Problem oder Lösung
Dazwischen gibt es nichts.

Wer so was schreibt, steckt tief tief drin in der Scheisse.
Ein Vergleich des Philosophen Alfred Schmidt bringt die Situation der Untergrundkämpfer auf den Punkt (S. 176):

Die stehen nun da mit ihrer Revolution, und die anderen gehen zur Tagesordnung über. Das ist so, als wenn beim Fussball ein Tor fällt, und 20000 Menschen schreien “Tor”, und dann ist da einer, der schreit zwei Minuten länger als die anderen. Dann drehen sich alle um und denken: “Was ist das denn für einer.”

Ich empfehle allen, dieses Buch zu lesen, weil wir alle mal jung und kühn und ungestüm waren und Mauern niederreissen wollten. Natürlich ist die Gesellschaft nicht perfekt, in der wir leben. Und natürlich muss man für seine Überzeugungen einstehen und sich empören dürfen, wenn Unrecht um sich greift. Doch dürfen gewisse Grenzen nicht überschritten werden. Es muss stets darum gehen, Brücken zu bauen und nicht Brücken einzureissen.
Denn dazwischen gibt es nicht nichts, sondern eine ganze Menge.