700 Intellektuelle beten einen Öltank an

Diese Woche habe ich nach langer Zeit wieder mal das Magazin DER SPIEGEL gekauft, denn ich unternahm eine mehrstündige Zugreise und da kann eine interessante Lektüre nicht schaden. Ich habe zahlreiche Artikel gelesen, unter anderem über die Schweiz und ihre Banken, Mark Twain, Helmut Kohl, Drohnen, den georgischen Wahlkampf, die Ultras des 1. FC Köln, die SPIEGEL-Affäre, ein Interview mit J. K. Rowling, aber auch einen Beitrag, der den Hype thematisiert, den das neue iPhone 5 entfacht, obwohl die Unterschiede zu dessen Vorgängermodell wie mir berichtet wird marginal sind. In diesem Zusammenhang wurde im SPIEGEL-Artikel ein Gedicht des grossen Bertold Brecht zitiert, das ich an dieser Stelle in voller Länge wiedergeben möchte, denn es entlarvt nicht nur den aktuellen Apple-Hype, sondern vieles andere, was uns umgibt. Brecht war ein Gigant.

Siebenhundert Intellektuelle beten einen Öltank an

Ohne Einladung
Sind wir gekommen
Siebenhundert (und viele sind noch unterwegs)
Überall her,
Wo kein Wind mehr weht,
Von den Mühlen, die langsam mahlen,
Und den Öfen, von denen es heißt,
Daß kein Hund mehr vorkommt.

Und haben dich gesehen
Plötzlich in der Nacht,
Öltank.

Gestern warst du noch nicht da,
Aber heute bist nur du mehr.

Eilet herbei, alle
Die ihr abgesägt den Ast, auf dem ihr sitzet,
Werktätige!
Gott ist wiedergekommen
In Gestalt eines Öltanks.

Du Häßlicher,
Du bist der Schönste,
Tue uns Gewalt an,
Du Sachlicher!

Lösche aus unser Ich!
Mach uns kollektiv!
Denn nicht wie wir wollen
Sondern wie du willst.

Und bist du nicht gemacht aus Elfenbein
Und Ebenholz, sondern aus
Eisen.
Herrlich, Herrlich, Herrlich!
Du Unscheinbarer!

Du bist kein Unsichtbarer,
Nicht Unendlich bist du!
Sondern sieben Meter hoch.
In dir ist kein Geheimnis
Sondern Öl.
Und du verfährst mit uns
Nicht nach Gutdünken, noch unerforschlich
Sondern nach Berechnung.

Was ist für dich Gras?
Du sitzest darauf.
Wo ehedem Gras war
Da sitzest jetzt du, Öltank,
Und vor dir ist ein Gefühl
Nichts.

Darum erhöre uns
Und erlöse uns von dem Übel des Geistes
Im Namen der Elektrifizierung
Der Ratio und der Statistik!