Das Gurtenfestival, Ausgabe 2011

Ich und das Gurtenfestival, das ist so eine Sache. Ich bin jedes Jahr dort, aber selten begeistert. Manchmal ist es das Wetter, manchmal sind es die Bands, manchmal ist es beides. Ich bin sowieso nicht so der Festival-Typ, war es nicht, und heute bin ich ohnehin zu alt für den Trubel. Es gibt Leute, die sagen, man sei so alt wie man sich fühlt. Auf dem Gurten fühle ich mich immer sehr alt.

Zu den Fakten.

Am letzten Festivaltag (Sonntag) habe ich dem Gurten meine Aufwartung gemacht, um Bands zu sehen wie The National, Beady Eye, Arctic Monkeys (die Indie-Schiene; in Musiksachen bin ich sehr berechenbar wie auch in einigen anderen Dingen). Einen langen Weg habe ich auf mich genommen, mehrere Stunden und Hunderte von Kilometern sass ich im Zug, von Rheinland-Pfalz bis nach Bern. Am Tag zuvor hatte ich in dem, was sie Internet nennen, Bilder des Gurtenfestivals gesehen: Sonnenschein, lachende glückliche Menschen, allgemeine Zufriedenheit mit sich und der Welt. Diese Bilder hatte ich im Kopf, als ich in Bern eintraf. Schnell wurde klar: das mit dem Sonnenschein wird nichts. Wolken, drohender Regen. Aber immerhin, es blieben die Lebensfreude und die Bands.

Dann gings los: sämtliche Schliessfächer waren belegt, weshalb ich meinen Krempel bei Keymile unterstellen musste. Ein beachtlicher Umweg. Dieses Manöver kostete mich The National. Hätte ich gern gesehen, ein Geheimtipp, aber egal, mit Verlusten muss man rechnen, weiter gehts. Bei der Gurtenbahn angekommen, regnete es unaufhörlich und die Menschenschlange war 45min lang. Also entschied ich mich für einen kleinen Sonntagsspaziergang und nahm den Fussweg. Oben angekommen war ich durchschwitzt, es war kühl und regnete noch immer. Da wusste ich: bei diesen Witterungsverhältnissen würden meine Kleider nicht wieder trocknen. Egal, an den Milch-macht-munter-Stand, Ovo trinken gehen, dann 1. Konzert: Angus and Julia Stone, eine Familienkapelle, der Vater machte Fotos. Ganz gut, Folksongs, Julia spielt folgende Instrumente: Klavier, Gitarre, Mundharmonika, Trompete und dazu eine Stimme, mein lieber Mann. Ihr Bruder spielt ebenfalls viele Instrumente, auch dies sehr beeindruckend.

Danach gehts weiter auf der Hauptbühne mit Beady Eye, der neuen Band von Liam Gallagher. Wie soll ich es formulieren? Es wurde schnell klar, wer das musikalische Genie in der Familie ist, nämlich Noel und nicht Liam. Schade, dass nicht ersterer, sondern letzterer sich genötigt sah, eine neue Band zu gründen. Die Jungs von Beady Eye haben sie bemüht, ganz ohne Zweifel, aber den Oasis-Zauber vermochten sie nicht heraufzubeschwören. Nicht annähernd. Immerhin war Liam nicht so mürrisch wie beim Oasis-Auftritt vor einigen Jahren.

Es folgte ein Künstler auf der Zeltbühne, dessen Name mir leider entfallen ist, was Souliges, nicht so mein Ding.

Um 19:30 der vermeintliche Höhepunkt auf der Hauptbühne: Arctic Monkeys, deren Erstlingswerk den schönen Namen Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not trägt und mich noch heute entzückt. Ihren weiteren musikalischen Werdegang habe ich nicht verfolgt, und das möglicherweise mit gutem Grund, denn was sie an neuem Songmaterial auf dem Gurten präsentierten, vermochte mich nicht zu überzeugen. Aber das war gar nicht das Problem, sondern die Technik. Zunächst signalisierte der Bassist ein Problem, kurzes Gebastel, weiter. Dann machte ein Lautsprecher hinten rechts Probleme. Hektik, Diskussionen, Techniker nesteln an Geräten rum, die Band verlässt die Bühne, irgendwas muss repariert werden. Ich nehme diese kreative Pause zum Anlass, nach Hause zu gehen. Der Himmel war wolkenlos und die Sonne schien, als ich den Gurten verliess. Die Festivalbesucher waren glücklich und zufrieden, mit sich und der Welt.