Der Brenner und der liebe Gott

Mit leuchtenden Augen hat mir Mitbewohner Strub die freudige Nachricht überbracht: ein neuer Brenner-Roman wurde veröffentlicht, nachdem Wolf Haas nie wieder ein Brenner-Abenteuer niederschreiben wollte. Da kannst du exemplarisch sehen: er kann nicht anders, der Haas. Der Brenner in ihm ist einfach zu stark. Der muss aus ihm raus und zwischen Buchdeckel geklemmt werden.
Ich natürlich gleich in den Buchladen Stauffacher, eigentlich um Foster Wallace’ Jahrhundertroman zu kaufen, und was sehe ich da feinsäuberlich aufliegen bei den Kriminalroman-Neuheiten? Der neue Brenner! Sofort zur Kasse damit und verschlungen das Buch. Was soll ich dir sagen: Als ob er nie weggewesen wäre. Der Roman ist fantastisch, ein hervorragender Brenner-Roman, ich bin noch immer ganz begeistert. Der Plot haarsträubend wie immer und der Brenner ist der Brenner, Weltklasse Hilfsausdruck. Ich weiss gar nicht, warum die da oben in Stockholm nicht endlich mal erwachen und Wolf Haas den Nobelpreis zusprechen.
Es bleibt zu hoffen, dass der grosse Haas weiterhin seine Brenner-Romane schreibt, denn wenn wieder mal einer erscheint, dann siehst du erst, wie traurig und leer die Zeit ohne den Brenner war. Wer immer noch keinen Brenner-Roman gelesen hat, sollte sich schleunigst mal die Gesamtausgabe beschaffen und dann los. Eine derart komplexe Figur wie der Brenner, da kannst du dein Leben lang um ihn herumlesen und wirst ihn trotzdem nie ganz verstehen. Da höre ich dich schon sagen: wenn man ihn nie ganz versteht, dann kann ich ja auch später damit beginnen. Aber eben genau der falsche Denkansatz, denn: je mehr vom Brenner du liest, desto glücklicher wirst du sein. Darum kann heute nicht früh genug sein.